DBSV-Stellungnahme zum Referentenentwurf einer Verordnung zur Änderung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften

Elektrokleinstfahrzeuge (EKF) verursachen massive Probleme für blinde und sehbehinderte Menschen.

Elektrokleinstfahrzeuge (EKF) verursachen massive Probleme für blinde und sehbehinderte Menschen. Keine andere Veränderung im Straßenverkehr der letzten Jahre hat auch unter blinden und sehbehinderten Menschen so viel Ärger ausgelöst, wie die Einführung der E-Roller. Grund dafür sind nicht die E-Roller, die Privatpersonen gehören und ordnungsgemäß benutzt und rücksichtsvoll abgestellt werden. Vielmehr geht es um die weit überwiegende Anzahl der E-Roller, die massenhaft stationslos im sog. Free Floating Modell vermietet werden. Sie werden überwiegend von Menschen aus Spaß genutzt, die darin keine Übung haben und dadurch unsicher oder verkehrsgefährdend fahren. Das aber noch größere Problem: Die überall auf den Gehwegen herumstehenden und liegenden E-Roller sind gefährliche Stolperfallen. Dem DBSV sind mittlerweile zahlreiche Sturzunfälle mit teils erheblichen Verletzungen bekannt geworden. In größeren Städten trauen sich zunehmend blinde Menschen wegen der unkalkulierbaren E-Roller-Barrieren aus Angst vor Stürzen gar nicht mehr allein aus dem Haus. Dadurch wird die eigenständige und selbstbestimmte Teilnahme am Straßenverkehr vieler blinder und sehbehinderter Menschen massiv beeinträchtigt. Das wiederum ist eine unerträgliche und nicht zu rechtfertigende Einschränkung der eigenständigen Mobilität und in deren Folge der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.

Der vorliegende Referentenentwurf schreibt dieselben Argumentationslinien fort, die schon bei der Einführung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) 2019 die gewerbliche Vermietung der Elektrokleinstfahrzeuge als hauptsächliche Nutzung vollkommen unberücksichtigt ließen. Die Geschäftsmodelle bleiben somit weiterhin unter dem legislatorischen Radarschirm, was angesichts der über fünfjährigen Erfahrung und der bekannten Polarisierung in der Bevölkerung mehr als verblüfft. Im Referentenentwurf verliert das BMDV kein einziges Wort zu den Verleihsystemen und deren Folgen. Das erweckt den Eindruck interessengeleiteten Handelns zugunsten der Verleiher. Sogar die bei Einführung der eKFV eingesetzten Textpassagen zur Nachhaltigkeit wurden unverändert übernommen (siehe Seite 19) „Die Fahrzeuge sind oftmals faltbar und können somit grundsätzlich im öffentlichen Personenverkehr transportiert werden. Hierdurch wird eine Verknüpfung verschiedener Verkehrsträger möglich.“ Das ist schlicht falsch. E-Roller der Verleiher können nicht gefaltet werden. Aufgrund von Explosionsgefahren besteht ein Verbot zur Mitnahme im ÖPV.

Dem DBSV ist zusammengefasst vollkommen unverständlich, dass das BMDV so tut, als gäbe es die Verleihsysteme der E-Roller-Flotten mit all ihren straßenverkehrsrechtlichen Problemen nicht. Das BMDV entzieht sich damit völlig seiner Verantwortung, endlich dem veränderten Verkehrsgeschehen Rechnung zu tragen und Regelungen zu schaffen, die allen Teilnehmenden am Straßenverkehr eine sichere Mobilität ermöglichen. Im Gegenteil droht sich die Situation für blinde und sehbehinderte Menschen durch die vorgesehene straßenverkehrsrechtliche Gleichberechtigung von E-Rollern und Fahrrädern noch zu verschärfen.

Der DBSV fordert deshalb eine grundlegende Änderung des Entwurfs unter den folgenden Maßgaben:

  1. Das Abstellchaos auf Gehwegen muss durch straßenverkehrsrechtliche Vorgaben mit verbindlichen Abstellflächen beendet werden.
  2. Eine verschuldensunabhängige Halterhaftung bei Schadensereignissen ist einzuführen.
  3. Eine Angleichung der Verkehrsregeln für Elektrokleinstfahrzeuge an diejenigen für Radfahrende ist nicht sachgerecht und muss unterbleiben.
  4. Abschreckende Bußgeldvorschriften sind einzuführen.


Im Einzelnen:

Beachtung der UN-Behindertenrechtskonvention als Maßstab für die Ausgestaltung der straßenverkehrsrechtlichen Regelungen.

Der DBSV sieht bei einigen bestehenden und neu vorgesehenen Regelungen für Elektrokleinstfahrzeuge einen Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention (BRK). Auch wenn sich aus der BRK nur in Ausnahmefällen subjektive Rechte ableiten lassen, ist sie ein unverzichtbares Institut, um die Normsetzung zu gestalten, bestehende Normen auszulegen und Teilhabeansprüche fundiert unter Einbeziehung einer menschenrechtlichen Perspektive zu begründen. Eine Einschränkung in der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe und damit eine Behinderung entsteht in Wechselwirkung von individuellen Beeinträchtigungen und umweltbedingten Barrieren. Der im Behindertenrecht als Ausfluss des Benachteiligungsverbots in Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz implementierte Grundsatz, dass das Recht die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen und fördern soll und nicht behindern darf, ist demgemäß konsequent durch alle staatlichen Akteure umzusetzen.

In Artikel 4 BRK heißt es:
„(1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen, ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Zu diesem Zweck verpflichten sich die Vertragsstaaten,

a) alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen;

b) alle geeigneten Maßnahmen einschließlich gesetzgeberischer Maßnahmen zur Änderung oder Aufhebung bestehender Gesetze, Verordnungen, Gepflogenheiten und Praktiken zu treffen, die eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstellen;“

Artikel 20 BRK verpflichtet die Vertragsstaaten, durch wirksame Maßnahmen für Menschen mit Behinderungen ihre persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen. Diese Norm ist im Zusammenhang mit Artikel 9 BRK zu lesen, der die Zugänglichkeit regelt. Hier heißt es:
„(1) Um Menschen mit Behinderungen eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation (…) zu gewährleisten. Diese Maßnahmen, welche die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und -barrieren einschließen, gelten unter anderem für

a) Gebäude, Straßen, Transportmittel sowie andere Einrichtungen in Gebäuden und im Freien, einschließlich Schulen, Wohnhäusern, medizinischer Einrichtungen und Arbeitsstätten; (…)“

Artikel 9 BRK bezieht den öffentlichen Straßenraum damit ausdrücklich ein. Die zu ergreifenden Maßnahmen umfassen dabei nicht nur straßenrechtliche Vorgaben zur Barrierefreiheit, sondern auch straßenverkehrsrechtliche Regulierungen, damit Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt und gefahrlos am Straßenverkehr teilnehmen können. Der eigenständigen Teilnahme am Straßenverkehr kommt eine besondere Rolle zu, denn sie bildet die Grundlage für selbstbestimmtes Leben im Alltag, für die Teilhabe an Bildung, am Arbeitsleben, an Freizeit, Kultur und Sport.

Vor diesem Hintergrund sind bei der Ausgestaltung der STVO und der ihr folgenden Normen die Belange von Menschen mit Behinderungen zwingend zu beachten. Eine Güterabwägung mit den Interessen der gewerbetreibenden Anbieter von E-Rollern findet vor dem Hintergrund der erforderlichen straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht statt, sie ist nur im Rahmen der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen denkbar. Das Straßenrecht ist aber nicht Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen, sondern dem Landesrecht vorbehalten.

Zu 1.: Abstellchaos beseitigen

Das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen als Barriere und verkehrsrechtliches Sicherheitsproblem.

Blinde und sehbehinderte Menschen sind in ganz besonderem Maße auf die Teilnahme am Fußgängerverkehr angewiesen. Sie sind eine besonders vulnerable Gruppe. Zusätzliche Barrieren im Straßenraum, wie herumliegende E-Roller erhöhen ihr Sturzrisiko deutlich. Blinde Menschen nutzen zur Orientierung und Fortbewegung zumeist den Blindenlangstock. Er dient dazu, Bodenindikatoren wahrzunehmen und sich zumeist an der „Inneren Leitlinie“ zu orientieren, welche entlang von der Fahrbahn abgewandten Hauswänden, Gartenmauern und Randsteinen verläuft. In der DIN 32984 wird die „innere Leitlinie“ als „sonstige Leitelemente“ bezeichnet. Auf diese wird auch in der DIN 18040-3 verwiesen. Beim Aufsuchen von Kreuzungen und Querungsstellen erfolgt eine Orientierung am Bordstein. Demzufolge hängt der Erfolg der Orientierung und der Grad der Sicherheit im Verkehr ganz entscheidend davon ab, dass Hindernisse auf Gehwegen möglichst vermieden werden.

Seit dem Inkrafttreten der EKFV behindern und gefährden im ruhenden Verkehr kreuz und quer abgestellte und umgestürzte Miet-E-Roller an vollkommen ungeeigneten und stets neuen überraschenden Stellen auf Gehwegen als Barrieren die individuelle Fortbewegung blinder und sehbehinderter Menschen. Aufgrund ihrer Konstruktion sind stehende E-Roller für blinde und sehbehinderte Menschen nur schwer und leider oft erst zu spät zu erkennen. Das hat zur Folge, dass sie über den E-Roller stolpern oder sich am Lenker verletzen. Zudem neigen die E-Roller zum Umkippen oder werden versehentlich oder absichtlich umgestoßen. Durch das Free Floating Modell stehen und liegen E-Roller ständig an neuen, unerwarteten Orten. Sie werden zudem nicht platzsparend und entsprechend § 1 STVO am Straßenrand abgestellt, sondern quer zur Fahrtrichtung möglichst präsentabel positioniert, um sie zur Vermietung anzubieten. Sie sind damit für blinde und sehbehinderte Menschen völlig unkalkulierbar und überraschend.

Die so entstehenden sturzgefährdenden Hindernisse heben den in den letzten Jahren erreichten Stand der Barrierefreiheit und damit der sicheren Fortbewegungsmöglichkeit blinder und sehbehinderter Menschen auf Gehwegen wieder auf.

Diese Gefahren für die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) kulminieren zu drohenden Lebensgefahren etwa beim Sturz über vor S- und U-Bahn-Treppen stehende oder liegende Mietfahrzeuge. Entsprechende Unfälle sind beim DBSV dokumentiert. Statistisch werden diese Fälle allerdings nirgends erfasst, so dass von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist.

Gesetzlicher Änderungsbedarf

Der DBSV fordert, in der STVO zumindest für gewerbliche Angebote der Mikromobilität sowie für alle Lastenfahrräder und ähnliche Vehikel vom Gehweg abgegrenzte, speziell gekennzeichnete und verbindlich zu benutzende Parkräume für Mietfahrzeuge (Fahrräder und Elektrokleinstfahrzeuge) einzuführen. Die Gestaltung dieser Parkräume muss die Wahrnehmbarkeit durch blinde und sehbehinderte Menschen gewährleisten. An gefährlichen Stellen, wie Kreuzungen, vor U- oder S-Bahneingängen, an Bushaltestellen und auf Bodenleitsystemen ist das Abstellen von Fahrrädern oder E-Rollern zu verbieten, und zwar unabhängig davon, ob diese einem Leihsystem oder der privaten Nutzung zuzurechnen sind.

Der DBSV sieht ein Regelungserfordernis im Bereich des Straßenverkehrsrechts. Ermächtigungsgrundlagen enthalten § 6 Abs. 1 und 4 STVG. Fußgänger sind gemäß § 25 STVO verpflichtet, Gehwege zu benutzen. Sie sind die schwächsten Verkehrsteilnehmenden und daher zu schützen. Stationslos vermietete E-Roller auf Gehwegen sind gefährliche und teils unüberwindbare Barrieren und Stolperfallen. Liegt ein Roller quer, müssen Fußgänger ggf. sogar den Fußweg verlassen, um ihn zu umgehen. Das sind vermeidbare Sicherheitsrisiken im Straßenverkehr. Nutzende von Rollatoren oder Rollstühlen können mitunter gar nicht weiterkommen, wenn der Gehweg durch herumliegende E-Roller blockiert ist. Besondere Sicherheitsprobleme entstehen, wenn Fahrzeuge vor Treppen und Eingängen von öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf Blindenleitsystemen stehen oder liegen. Das bislang praktizierte Abstellen der Flotten der eingesetzten Mietfahrzeuge auf Gehwegen führt zudem dazu, dass es permanent zu Fahrten auf Gehwegen kommt. Selbst wenn diese verbotswidrigen Fahrten auch nur die jeweils ersten Meter von einem oder die letzten Meter zu einem Abstellort betreffen, bergen sie erhöhte Gefahrenpotentiale für Fußgänger, insbesondere für blinde und sehbehinderte Menschen.

Schon 2020 hatte sich auch der 58. Deutsche Verkehrsgerichtstag mit der Problematik auseinandergesetzt. Er fordert: „6. Der Arbeitskreis hält die derzeitige Abstellpraxis der Leih-E-Scooter für nicht akzeptabel. Er ist der Auffassung, dass es verbindlicher Vorgaben für Abstellplätze bedarf. Der Arbeitskreis fordert, eine bundeseinheitliche Regelung zu schaffen.“

Die bekannte Problematik vollkommen ignorierend sieht Artikel 3 Nr. 5 des Ref_E stattdessen vor, in § 12 Abs. 7 STVO den vollkommen ungeeigneten Text des bisherigen § 11 Abs. 5 EKFV fortzuschreiben „Für das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen gelten die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften entsprechend.“.

Die vorgesehene Regelung ignoriert die Hauptnutzung von E-Rollern im gewerblichen Verleihsystem und bietet keine Lösung für die chaotischen und für Fußgänger gefährlichen Zustände auf Gehwegen.

Die Regelung ist rechtsdogmatisch und rechtlich problematisch: „Die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften“ sind höchst unklar. Praktisch werden vor allem Gehwege genutzt. Es ist aber nicht ausdrücklich und positiv in der STVO geregelt, dass Fahrräder und damit auch Elektrokleinstfahrzeuge auf Gehwegen geparkt werden dürften. Der DBSV hat sich im Rahmen eines Verbandsklageverfahrens seines Landesverbandes Berlin vor dem dortigen Verwaltungsgericht intensiv mit dem Regelungsgehalt von § 11 Abs. 5 EKFV und den für „Fahrräder geltenden Parkvorschriften“ auseinandergesetzt und kommt zu dem Ergebnis, dass Fahrräder und in der Folge auch E-Roller nicht auf Gehwegen abgestellt werden dürfen. Ein Auszug aus der Klageschrift des Verfahrens 1 K 333/22 ist als dezidierte Begründung dieser Stellungnahme beigefügt. Teile der Rechtsprechung und wohl auch der überwiegende Anteil in der Bevölkerung vertreten, indes die Ansicht, dass das Parken von Fahrrädern auf Fußwegen grundsätzlich erlaubt sei. Jedenfalls für stationslos vermietete Fahrzeuge im Rahmen von Sondernutzungen gilt dies allerdings nicht (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.05.2024 - OVG 1 S 25/24, Beschluss des OVG NRW vom 26.10.2023 - 11 A 339/23). Die vom BMDV vorgesehene Regelung sorgt damit nicht für Rechtsklarheit.

Dem Straßenverkehrsrecht sind Regelungen für den Umgang mit Hindernissen und besonderen gewerblichen Nutzungen (z. B.) für landwirtschaftlich genutzte Geräte in § 32 STVO) jedenfalls nicht fremd. In vergleichbarer Weise muss auch neuen Formen der Nutzung des Straßenraums regulatorisch begegnet werden, um Gefahren für andere Verkehrsteilnehmende abzuwenden. Die zunehmende Anzahl von Fahrrädern und Kleinstfahrzeugen sowie die politisch gewollte Zurückdrängung des Fahrzeugverkehrs in Innenstädten machen die straßenverkehrsrechtliche Einführung von festen Abstellflächen für Fahrräder und Elektrokleinstfahrzeuge unumgänglich, mindestens für gewerbliche Mietangebote. Dem darf sich der Verordnungsgeber nicht länger entziehen.

Die Parkflächen können mit Blick auf die bestehenden Regelungen in § 12 und § 17 STVO nur auf der Fahrbahn eingerichtet werden. Der Gehweg ist ungeeignet und unzulässig. Wie oben festgestellt muss dieser Verkehrsraum für Fußgänger als schwächste Gruppe vorbehalten bleiben. Zudem sind rechtswidrige, gefährliche Nutzungen des Gehweges durch Radfahrende und E-Rollernutzende beim Aufsuchen und Verlassen der Parkflächen zu unterbinden.

Zu 2.: Halterhaftung bei Schadensereignissen einführen

Der DBSV fordert eine verschuldensunabhängige Halterhaftung für Elektrokleinstfahrzeuge. § 7 und § 8 STVG sind entsprechend zu ändern.

Aktuell sind Personen, die über einem E-Roller fallen und sich verletzen, völlig schutzlos gestellt. Das hat das Oberlandesgericht Bremen bestätigt (Urteil des OLG Bremen vom 15.11.2023 - 1 U 15/23). Dieser Zustand ist in höchstem Maße unbefriedigend. Eine Schadensregulierung findet in aller Regel nicht statt, weil der Verursacher eines behindernd abgestellten und umgestürzten E-Rollers nicht ermittelt werden kann.

Es muss daher eine verschuldensunabhängige Halterhaftung eingeführt werden. Dabei muss gesetzlich klargestellt werden, dass im Falle von gewerblichen Verleihmodellen zum „Betrieb“ im Sinne des § 7 STVG auch die Aufstellung als Angebot des Anmietens gehört. Auch Fahrten mit einer Geschwindigkeit von unter 20 km/h müssen einbezogen werden.

Der DBSV steht mit seiner Forderung nicht allein. Auch der 60. Deutsche Verkehrsgerichtstag vom 17.-19.08.2022 fordert: „1. Der Gesetzgeber sollte § 8 Nr. 1 StVG grundlegend reformieren. Der generelle gesetzliche Ausschluss der Gefährdungshaftung für langsam fahrende Kraftfahrzeuge ist angesichts der geänderten Verhältnisse im Straßenverkehr nicht mehr zeitgemäß. … 3. Das Gefährdungspotential neuer Typen langsam fahrender Kraftfahrzeuge, die bauartbedingt zwischen 6 km/h und 20 km/h fahren können, wie etwa E-Scooter, erscheint insbesondere wegen der erwartbaren Zunahme der Nutzung und der Enge des Verkehrsraums so hoch, dass sie ebenfalls der Gefährdungshaftung unterfallen sollten.“

Zu 3.: Keine Erweiterung der Gleichstellung der Regelungen für Fahrradfahrende mit denjenigen für Nutzende von Elektrokleinstfahrzeugen.

Der DBSV erachtet eine weitgehende Gleichbehandlung von Radfahrenden und Elektrokleinstfahrzeugen für nicht sachgerecht und lehnt daher die vorgesehenen Regelungen ab. Wie oben bereits dargestellt, sind die meisten Nutzenden von E-Rollern ungeübt und sehen die Fahrt als spaßige Freizeitaktivität. Sie können das Fahrzeug oft nicht adäquat einschätzen und kontrollieren (Beschleunigung, kleine Räder etc.). Damit stellen sie eine größere Gefahr für Fußgänger dar.

Insbesondere fordert der DBSV die Streichung folgender Regelungen im Entwurf:

  • Artikel 3 Nr. 2: Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 StVO besteht bisher zurecht auch für Nutzende von Elektrokleinstfahrzeugen die Pflicht, beim Überholen von Fußgängern einen Seitenabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Diese Regel darf nicht aufgegeben werden. Schon heute werden immer wieder Fußgänger durch legal oder illegal gefahrene E-Roller auf Gehwegen bedrängt. Dies zu legalisieren, würde Gefahren weiter verschärfen.
  • Artikel 3 Nr. 8: Die nach § 37 STVO bestehende Regelung ist an sich schon für blinde und sehbehinderte Fußgänger eine Herausforderung beim sicheren Queren einer Ampelkreuzung, weil sie herannahende Fahrräder nicht hören und auch nicht visuell wahrnehmen können. Diese Regelung nun auch noch auszuweiten, ist nicht zu akzeptieren.
  • Artikel 3 Nr. 9: Das „Sinnbild "Radverkehr frei" soll nach dem Entwurf auch für Elektrokleinstfahrzeuge gelten. Dieses Verkehrszeichen ist an zahlreichen Gehwegen und Fußgängerzonen angebracht. Die Bedrängung und Verunsicherung von Fußgängern würden weiter zunehmen. Zudem sind heute viele Wege zum Radfahren freigegeben, obwohl das nach den Richtlinien für Fußverkehrsanlagen (EFA) und für Radverkehrsanlagen (ERA) nicht sein dürfte.

Zu 4.: Abschreckende Bußgeldvorschriften einführen

Im Bußgeldkatalog sollen die Sätze für das unerlaubte Befahren von Gehwegen mit E-Rollern von heute 15,00 Euro auf lediglich 25,00 Euro bis maximal 35,00 Euro mit Sachbeschädigung steigen. Diese Regeln sind keinesfalls abschreckend. Sie sind deutlich zu erhöhen. Ebenfalls sanktioniert werden muss das unerlaubte Abstellen von Fahrzeugen auf Bodenleitsystemen für blinde und sehbehinderte Menschen.