DBSV-Stellungnahme zum Entwurf einer Richtlinie für die jurybasierte Filmförderung des Bundes

Der DBSV begrüßt die Neuregelungen in § 32 des Entwurfs im Grundsatz ausdrücklich.

Als Spitzenverband der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfeorganisationen äußert sich der DBSV nur zu Regelungen, die die Belange blinder und sehbehinderter Menschen im Zusammenhang mit dieser Reform betreffen.

Gesamtbewertung des Entwurfs

Der DBSV begrüßt die Neuregelungen in § 32 des Entwurfs im Grundsatz ausdrücklich. Die Vorschriften greifen das über viele Jahre hinweg formulierte Anliegen auf, die geförderten Filme mit barrierefreien Filmfassungen mit Audiodeskription in allen Verwertungsstufen blinden und sehbehinderten Menschen auch tatsächlich zugänglich zu machen. Der DBSV sieht mit diesem Ansatz das Potential, den gleichberechtigten Zugang zum Filmgeschehen für Menschen mit einer Seheinschränkung weiter zu verbessern. Der stetige Zuwachs an Angeboten mit Audiodeskription bedeutet für blinde und sehbehinderte Menschen eine deutliche Verbesserung ihrer Teilhabemöglichkeiten und das bringt Inklusion voran.

Die nachfolgenden Ausführungen betreffen Umsetzungsdetails der angestrebten Zielsetzung.

Definition der barrierefreien Filmfassung

Leider enthält § 3 keine Definition der barrierefreien Filmfassung. Der DBSV regt an, diese zu ergänzen und dabei auf die Formulierung in § 40 Abs. 8 des aktuell diskutierten Regierungsentwurfs des FFG vom 22.05.2024 zurückzugreifen.

Erweiterung der Verpflichtung zu barrierefreien Filmfassungen durch die Neufassung von § 32

Zu Abs. 1

Der DBSV begrüßt ausdrücklich, dass künftig die barrierefreie Fassung auf allen Endkopien vorliegen und in der gesamten Verwertungskette des Films zugänglich gemacht werden muss. Das sieht der DBSV als einen ganz wichtigen Beitrag für mehr Teilhabe von blinden und sehbehinderten Menschen am Filmgeschehen und damit auch an gesellschaftlicher Inklusion. Gleichzeitig wird so die Umsetzung der audiovisuellen Mediendiensterichtlinie in Bezug auf die Steigerung von barrierefreien Angeboten gefördert.

Allerdings ist aufgefallen, dass Kosten für die Herstellung einer barrierefreien Fassung im Sinne der Anlage 1 nur bei den Herstellern benannt sind. Bei der Verleihförderung fehlt diese Position und das, obwohl Verleiher gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 für die jeweilige Verleihstufe auch zur Zugänglichmachung einer barrierefreien Fassung verpflichtet sind. Hierzu ist anzumerken, dass beim Sprung von der „Kinofassung“ zur „TV-Fassung“ ggf. auch eine Nachbearbeitung der barrierefreien Fassung erforderlich sein kann. Hier wird dringend eine Ergänzung der Anlage 1 angeregt.

Zu Abs. 2

Aus Sicht des DBSV ist es zu begrüßen, dass nun Regelungen vorgesehen sind, die es ausschließlich für den Bereich Kino möglich machen, die barrierefreie Filmfassung über eine digitale Anwendung zur kinounabhängigen Wiedergabe barrierefreier Fassungen auf Nutzerendgeräten zur Verfügung zu stellen.

Aus Sicht des DBSV sollte die Regelung verbindlicher ausgestaltet werden. Faktisch kann schon heute eine Zurverfügungstellung über eine digitale Anwendung erfolgen und dafür können grundsätzlich auch Förderhilfen genutzt werden. Was aber im Bewusstsein aller Produzenten ankommen muss, ist, dass die Bereitstellung der Audiodeskription über eine digitale Anwendung zur kinounabhängigen Widergabe die Regel werden muss. Es herrscht vielerorts immer noch die Annahme, dass die barrierefreie Fassung über das DCP bereitgestellt werden kann. Viele wissen nicht, dass Cinema Connect nicht mehr funktioniert bzw. in gerade einmal rund 20 Kinos verbaut wurde. Es wird daher vorgeschlagen, § 32 Abs. 2 Satz 1 wie folgt klarer zu fassen:

„Im Kino soll die barrierefreie Fassung über eine digitale Anwendung zur kinounabhängigen Wiedergabe barrierefreier Fassungen auf Nutzerendgeräten zugänglich gemacht werden.“

Weiterhin sollte klarer definiert werden, welche Voraussetzungen die zum Einsatz kommende digitale Anwendung erfüllen muss. Im Sinne des Verbraucherschutzes und der Barrierefreiheit sieht es der DBSV als erforderlich an, dass die digitale Anwendung

  • mit allen gängigen Betriebssystemen frei zugänglich,
  • für Verbraucherinnen und Verbraucher kostenfrei nutzbar sowie
  • barrierefrei im Sinne von § 4 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) und der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) ist.

§ 32 Abs. 2 Satz 2 könnte etwa wie folgt gefasst werden:

„Die digitale Anwendung muss barrierefrei im Sinne von § 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes sowie der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) in der jeweils gültigen Fassung sein und von Verbraucherinnen und Verbrauchern auf Nutzerendgeräten mit allen gängigen Betriebssystemen kostenfrei genutzt werden können.“

Weiterhin ist in den Vorgaben abzusichern, dass für Kinobesucherinnen und Kinobesucher transparent und barrierefrei kommuniziert wird, über welche digitale Anwendung der jeweilige Film zugänglich gemacht wird. Der DBSV hat auf der mittlerweile etablierten Plattform „Kino für alle“ die Möglichkeit, diese Informationen bereitzustellen. Voraussetzung ist aber, dass die Informationen an den DBSV mitgeteilt und kontinuierliche finanzielle Förderungen für die Pflege der Webseite zur Verfügung gestellt werden.

Abschließend weist der DBSV darauf hin, dass bei den weiteren, der Kinovorführung nachfolgenden Verwertungsstufen, wie u. a. Streamingdiensten, die barrierefreie Fassung direkt über das jeweilige Wiedergabesystem zugänglich sein muss. Hier ist der Einsatz einer App nicht ausreichend. Von daher begrüßt es der DBSV ausdrücklich, dass Absatz 2 Satz 1 auf die Vorführung von Filmen im Kino begrenzt ist.

Zu Abs. 3

Sollte die FFA von ihrem Recht Gebrauch machen, eine Ausnahme von § 32 Abs. 1 zu genehmigen, sollte diese Entscheidung transparent gemacht werden, etwa auf der Webseite der FFA. Dies sollte in der Richtlinie klargestellt werden.

Archivierung

Anders als im aktuell diskutierten Regierungsentwurf zum FFG vom 22.05.2024 fehlt in § 64 der Richtlinie für die jurybasierte Filmförderung die Verpflichtung, dass auch die barrierefreien Filmfassungen für die Archivierung zur Verfügung zu stellen sind. Gleiches gilt für § 72 Abs. 7 der Richtlinie. In § 64 und in § 72 Abs. 7 sollte analog zu § 49 Abs. 1 Satz 2 FFG_E folgender Satz ergänzt werden: „Soweit der Hersteller oder Verleiher nach Maßgabe dieser Richtlinie zur Herstellung einer barrierefreien Fassung des Films verpflichtet ist, gilt Satz 1 auch für die barrierefreie Fassung.“

Berlin, 30.05.2024